Von Pleiten, Pech und Pannen

Sommer. Neben Sonne, Badi und zu viel Glacé ist der Sommer auch jene Zeit, wo man dauernd von Feriengängern E-Mails, Fotos oder gar Blogs zugeschickt bekommt, die mit «Ach, sind unsere Ferien schön ...» oder «Schau mal, dort war ich ...» beginnen. Und dabei sitzt man selber im viel zu heissen Büro und schwitzt mit zunehmender Stunde in zunehmenden Mengen. Wir haben die Lösung für euer Problem: 

Ferien haben neben all den schönen Seiten ja auch anstrengende, peinliche und im Nachhinein lustige Momente. Gerne lassen wir euch an einigen teilhaben, damit ihr euch mit dem Gedanken trösten könnt, dass es euch nicht so wie uns ergangen ist ... 


Trinkt Leitungswasser

Als reise-erfahrene Person weiss man, dass man in den ersten Tagen an einem fremden Ort kein Leitungswasser trinken soll. Schliesslich muss auch die Darmflora etwas Zeit haben, um sich kulturell einzugewöhnen. Glaubten wir ... zumindest vor Island. 

Umso erstaunlicher waren folgende «Zwischenfälle»

  • Am ersten Abend war die Antwort auf «ein stilles Wasser, bitte»: «Beim Eingang stehen Karaffen mit Leitungswasser zur Selbstbedienung»
  • Auf die Frage, ob sie Wasser verkaufe, hatte die Dame an der Rezeption des abgelegenen Gasthaus im Hochland fast einen Lachanfall. «Water? You are kidding, right? You can drink it from the tap.»
  • Die Krönung war aber unser Erlebnis im Supermarkt in Reykjavik: In den Regalen reihenweise Flaschen mit stillem Wasser. Da dachten wir: «Am Besten kaufen wir gleich auf Vorrat!» An der Kasse jedoch - mit einer nicht zu vernachlässigenden Schlange hinter uns - hielt uns die Verkäuferin einen Vortrag: «Sie wissen schon, dass man in Island Leitungswasser trinken kann?» Auf unsere verlegene Nachfrage, ob dies auch für die Stadt gelte, kam umgehen die Antwort: «Everywhere in Iceland». Gefolgt vom «dezenten» Hinweis, dass wir ein Vermögen für abgestandenes Flaschenwasser ausgeben, wenn wir das exakt gleiche Wasser aus der Leitung haben können.

Fazit: «drink water from the tap, or they'll get really mad».



Schaut auch unter den Mietwagen

Unsere Entscheidung reissende Gletscherflüsse nicht selber zu durchqueren, wurde durch unsere Hochlandtour mit Ingi nur noch bestätigt (obwohl Claudia mit dem RICHTIGEN Auto wohl genauso grinsend wie Ingi durchs Hochland cruisen würde). 

Da aber selbst einige Strassen der üblichen Touristenrouten nicht asphaltiert sind, hatten wir ein ansatzweise geländetaugliches Fahrzeug gemietet. Mit dem Auto kam eine Versicherung so gegen ziemlich alles ausser Schäden am Unterboden und dem Ersäufen des Fahrzeugs in einem Fluss, sowie die Erlaubnis jedes Ding zu befahren, das als Strasse deklariert ist. 

 

Den ersten Test bestand unser Auto bravourös: Die geteerte Strasse nach Isafjördur mit ihren Pässen und ohne andere Verkehrsteilnehmer verleiteten Claudia den Tacho zu missachten, aber die eingeschaltete Cruise-Control schaffte auch da Abhilfe. 

 

Vom Erfolg des Vortages motiviert, wagten wir uns am nächsten Morgen an die erste Schotterpiste. Deren Ende war ein Aussichtspunkt, von wo man zwar nicht bis nach Grönland (ein allem Anschein nach hartnäckiges Gerücht), aber nichts desto trotz in die Ferne sehen kann. 


Anschliessend stand die Besichtigung des Nachbarorts auf dem Programm. Dieser ist seit 1996 durch einen Tunnel erschlossen.

Da Tunnelfahren aber langweilig ist, die ehemalige Passstrasse auf all unseren Karten noch geführt war und der Reiseführer diese sogar explizit anpries, entschieden wir uns für das Abenteuer Scenic-Route. 

Auf dem ersten Kilometer strahlte Claudia über die ungeteerte Nebenstrasse voller Schlaglöcher, und auf einmal sahen wir zu unserer Linken ein verlottertes Häuschen. Da wir auf verlottert stehen - Stichwort Industrieruinen - hielten wir natürlich sofort an und machten uns mutig auf den Weg - über Hügel und Bäche - zu dem rostendem Etwas.

Und auch wenn wir bis heute nicht wissen, um was es sich handelt, zurück blieb ein Star-Wars-Feeling ... 


Ab da ging es bergab, auch wenn die Strasse bergauf ging. Die Schlaglöcher wurden mehr, die Steine grösser. Irgendwann standen wir vor einem Steinschlag und einem grossen Brocken, auf dem «Lokad» stand.. Unser Isländisch war inzwischen gut genug, um zu wissen, dass es dort nicht weiterging (auch der unüberquerbare Steinschlag war ein Hinweis ...).

Entmutigt machten wir uns wieder auf den Rückweg, uns fragend, ob wohl alle Nebenstrassen in Island in einem so schlechten Zustand sind. Die abschliessende Unterbodenkontrolle des Autos brachte noch mehr Freude: Die Plastikabdeckung hing etwas tief, so circa fünf Zentimeter über Boden. In der perfekten Höhe also, um früher oder später ganz abzufallen (In unserer Fantasie idealerweise dann, wenn wir mit gut 90 über die Strasse brettern ...). Also hiess unser nächstes Ziel Werkstatt, wo die fehlenden Schrauben ersetzt wurden. Geflickt in 5 Minuten., Zeitaufwand mit allem drumherum 3 Stunden. 

Entsprechend «verunsichert/angesäuert/den Karten nicht mehr wirklich glaubend» machten wir uns am nächsten Tag auf Richtung Westen, zum grössten Wasserfall der Westfjorde über unbefestigte Strassen. Wie ihr aber zur Rechten sehen könnt, waren unsere Sorgen unbegründet ... 



Macht euch im Tunnel auf alles gefasst

Nach unserer Erfahrung mit der Scenic-Route beschlossen wir am nächsten Tag dem normalen Strassenverlauf durch den Tunnel zu folgen. Doch auch dieser hielt die eine oder andere Überraschung bereit: 

Die erste war die T-Kreuzung mitten im Tunnel. Die zweite folgte aber sogleich: Die Strasse (immer noch im Tunnel wohlgemerkt) wurde danach einspurig. Den Nerven halfen da auch die regelmässig vorgesehenen Ausweichstellen, in welche man sich bei plötzlich auftauchenden Scheinwerfern flüchten konnte, wenig. 

Der Ausflug ins Nachbardorf war aber auch sonst eine Erfahrung der anderen Art: Die Siedlung unterhielt früher eine der grösseren Wal- und Haifangstationen. Heute wirkte sie praktisch ausgestorben und beim Schlendern durch die Strassen und Strässchen war man sich nie ganz sicher, welche Häuser noch bewohnt oder sich selber überlassen sind. 



Zahlenschloss kontrollierEn

Nach unseren verkehrstechnischen Überraschungen erwartete uns am nächsten Tag ein banaleres Problem: Beim Auspacken der Koffer funktionierte die - sich seit Jahren im Einsatz befindende - Zahlenkombination nicht mehr. Der Leatherman - unser einzig brauchbares Werkzeug zum gewaltsamen Öffnen eines Koffers - befand sich natürlich in eben diesem Gepäckstück. 

Glücklicherweise gab es nur 1000 Kombinationsmöglichkeiten ...

Man merke sich aber: Zahlenschlösser an Koffern lassen sich leicht verstellen. Also vor dem Abschliessen nochmal einen Kontrollblick.

 

Der Rest des Tages gestaltete sich wesentlich erfreulicher, bei Seelöwen- und Wasserfallgucken.




Esst nichts vor dem Dessert

Die Isländer nehmen ihre Nachspeisen ernst. Sowohl geschmacklich wie auch mengenmässig bleiben sie nichts schuldig.

Unsere erste diesbezügliche Erfahrung machten wir in Reykjavik, als wir das Mittagessen durch Pancakes respektive Schokoladenkuchen ersetzten. Qualitativ vom feinsten, portionenmässig «du gehst nachher ein Nickerchen machen».  Das zweite mal gönnten wir uns nach einem Abendessen eine Nachspeise: Marc bestellte Schokokuchen-Glacé-Sandwich mit Schlagrahm und Claudia entschied sich für zerbröckelte Meringue mit Nutellaschlagrahm, Glacé, frischen Beeren und Schokosauce. Die Kellnerin meinte zu unserer Reaktion auf die Riesenteller nur «You'll roll out of here» ... Recht hatte sie! Aber wir würden es jederzeit wieder tun :-)

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